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Nullprovision: Lufthansa präzisiert Lösungsvorschläge

Während Reisebüro-Fachverband und ÖRV von einer Klageoption mit guten Erfolgschancen ausgehen, ist Lufthansa Österreich-Direktor Bernhard Brauneder davon überzeugt rechtskonform zu handeln. Vielmehr präsentiert er im Gespräch mit T.i.P. erstmals eine konkrete technische Alternativlösung zur XP-Taxbox und Incentive-Modelle, die von jedem IATA-Reisebüro individuell und Leistungsorientiert verhandelt werden können.

„Da bei Lufthansa noch immer 94 Prozent der Ticketverkäufe über den stationären Vertrieb abgewickelt werden, ist sich das Unternehmen der Bedeutung der Vertriebswege über das Reisebüro und den Reiseveranstalter sehr wohl bewusst,“ hebt Brauneder hervor. Darum arbeitet man zur Zeit an Leistungsbezogenen Incentive-Programmen für die Reisebüros. Die Incentives sollen direkt zwischen IATA-Agenturen und Lufthansa ausgehandelt werden. Dabei können Stärken und Schwächen der einzelnen Büros ausgelotet und die Basis für eine erfolgreiche und partnerschaftliche Zusammenarbeit geschaffen werden, erläutert Brauneder.Alternative zur XP-Box Exklusiv im Gespräch mit T.i.P. konkretisiert Direktor Brauneder die Lufthansa Alternativlösung zur XP-Box und beendet damit auch die Spekulationen über eine 5. Kupon-Lösung. In Gesprächen mit der IATA wurde eine BSP-Lösung geschaffen, die dem deutschen Modell sehr ähnlich sein wird. Der Ticketpreis wird darin gesondert von den Servicegebühren in den PNR (PersonalNameRecord) eingetragen und über die IATA abgerechnet, ebenfalls getrennt in Preis und Gebühren. Laut Brauneder arbeiten die großen Reservierungssysteme START Amadeus und Galileo bereits an der technischen Umsetzung.Cross-TicketingDurch die Änderung des Status des stationären Vertriebs vom Handelsvertreter hin zum Makler ergibt sich die rechtliche Situation, dass das Reisebüro nicht mehr dem Handelsherrn Lufthansa verpflichtet ist, sondern den Interessen der zahlenden Kunden. Das könnte laut einer Aussendung des deutschen asr (Bundesverband mittelständischer Reisebürounternehmen) zu einer Zunahme des Cross-Ticketings (Verkauf von Flugscheinen mit sich überkreuzenden Daten um Mindestaufenthaltsfristen zu umgehen) führen. Darauf angesprochen reagiert Brauneder gelassen und sieht keinen Zusammenhang mit dem geänderten Status. „Cross-Ticketing ist ja nichts Neues und wird heutzutage schon betrieben. Kernpunkt der neuen Situation zwischen den Reisebüros und der Lufthansa ist nicht die Veränderung von Handelsvertreter auf Makler, sondern eine Leistungsbezogene Zusammenarbeit. Gute Verkaufszahlen bringen gute Incentiveverträge, gute Incentiveverträge bringen gutes Geld“, bringt der Lufthansa-Chef seine Sichtweise auf den Punkt.Reisebürofachverband will AbschlagszahlungDer Obmann des Fachverbandes der Reisebüros in der Wirtschaftskamme, Dkfm. Edward Gordon, sieht eine Klage gegen die Lufthansa als seine „Quasi-Pflicht“, sobald die in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten ihm Chancen einräumen. Weiters glaubt Gordon, dass die Lufthansa durch die einseitige vorzeitige Kündigung eine Abschlagszahlung an die Reisebüros zu leisten habe. Mag. Norbert Draskovits, Vorstandsdirektor des Österreichischen Verkehrsbüro und Vizepräsident des ÖRV, betont, dass in anderen Branchen auch bei fristgerechter Kündigung Abschlagszahlungen zu leisten sind. Als Beispiele führt er unter anderem die KFZ- und Textilbranche an.Brauneder wiederum sieht den Rechtsgutachten gelassen entgegen, denn die Lufthansa habe sowohl die sechsmonatige Kündigungsfrist nach IATA Resolution als auch die einmonatige Frist für die XP-Box-Vereinbarung eingehalten. Der Forderung des ÖRV nach einer langfristigen Beibehaltung der Ticket Service Charge erteilt Brauneder eine klare Absage: „Es wird keine zeitliche Zusage oder Vereinbarung über die Beibehaltung der Ticket Service Charge (TSC) geben. Für die Lufthansa gilt ab dem 1. November die Regelung, auf den Europastrecken 35 Euro je Buchung und auf Interkontinentalflügen 45 Euro einzuheben“, so Brauneder. Weiters glaubt er, dass das TSC-Modell den Reisebüros unterm Strich mehr bringen werde und dies eine Chance für die gesamte Branche sei. Dem widerspricht Draskovits heftig: Man müsse doch die ganze Problematik im Kontext mit den Vereinbarungen aus den Jahren 2000 und 2003 sehen. Damals wurden bei den ersten Kommissionsbeschneidungen (im Jahr 2000 von 9 auf 7%) Ticketservicegebühren von 13 bis 16 Euro plus Kommission und später (2003: Verringerung der Provisionen von 7 auf 5%) 18 Euro zuzüglich der fünf Prozent vereinbart. Bei einem durchschnittlichen Ticketpreis von knapp unter 500 Euro in Europa rechnet Draskovits vor, bleibt dem Reisebüro mit dem neuen TSC-Modell deutlich weniger als zuvor (5% von 500 Euro sind 25 Euro, plus den 18 Euro TSC ergeben 43 Euro, also einen Nettoverlust von 8 Euro bei den geplanten 35 Euro TSC für Europastrecken). „Prozesskostenuntersuchungen zeigen, dass mit 35 Euro pro Ticketausstellung die laufenden Kosten in einem Ticketcenter nicht gedeckt sind“, so der Vizepräsident des ÖRV.