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micelab:bodensee: Veranstaltungen, die berühren

„Eros und Resonanz – Was Verbundenheit ermöglicht“ war das Thema des zweiten Forschungsmoduls der Weiterbildungsplattform micelab:bodensee, das diesmal auf Schloss Marbach am deutschen Ufer des Bodensees über die Bühne ging.

Die 13 Laboranten des micelab:explorer II setzten sich aus zehn Branchenvertretern und drei Impulsgebern zusammen – dem Resonanzpädagogen und Motivationsforscher Wolfgang Endres, dem Musikvermittler und freischaffenden Künstler Johannes Voit und dem Wildnispädagogen und Personal Trainer Chris Schorpp. Die Erkenntnisse sollen in die kommenden Lernmodule sowie in das zweite micelab:extract einfließen, das für Sommer 2018 geplant ist.

Im ersten Labor – dem micelab:explorer I im Jahr 2016 – widmeten sich die Forscher dem Themenfeld „Angst und Vertrauen“. Kürzlich ist dazu das erste micelab:extract erschienen. „In den Forschungsmodulen gehen wir interdisziplinär der Frage nach, wie wir Veranstaltungen lebendig gestalten können. Unsere These lautet: Jede Veranstaltung ist ein gesellschaftlicher Mikrokosmos und spiegelt wider, wie Menschen leben, lernen, kommunizieren und einander begegnen“, erklärt Gerhard Stübe, Geschäftsführer der Kongresskultur Bregenz und Leadpartner des micelab:bodensee.

Resonanz nährt Lebendigkeit

Schon Kleinigkeiten führen zu Resonanz, stellten die 13 Forscher fest: Morgendliches Singen und Bewegen sowie der gemeinsame Tagesablauf mit Übernachtung im selben Haus sorgen für Verbundenheit und eine wertschätzende, wache Atmosphäre. „Resonanz ist kein esoterischer Vorgang, sondern Ausdruck für lebendige Beziehungen“, betont Tina Gadow, Veranstaltungsdramaturgin und Kuratorin des micelab:bodensee: „Wenn der Funke überspringt, uns etwas berührt, sind wir in Resonanz und es kann Neues entstehen. Besteht ein Verlangen danach, dran zu bleiben, ist auch Eros im Spiel.“

Wie wichtig archaische Rhythmen sind, zeigte der Wildnispädagoge Chris Schorpp: „Als Teil der Natur ist der Mensch vom natürlichen Tagesablauf abhängig – auch seine Lernprozesse.“ Die natürliche Abfolge von Inspirations-, Aktivitäts-, Entspannungs- und Reflexionsphasen sorgt für Resonanz und Verankerung von Erfahrungen. Fehlende Ruhephasen führen schlimmstenfalls zu Erschöpfung und Erlahmen von Resonanzen. Die Forscher erkannten: Von den acht der Natur nachempfundenen Lernphasen finden sich in den Veranstaltungen meist nur drei wider.

Resonanz braucht Zeit und Muße

Schorpp leitete die Forscher an, auf die eigenen Sinne zu vertrauen und mutig die Umgebung zu erkunden: Barfuß und blind gingen sie entlang einer dünnen Schnur durch ein Waldstück. Auf die MICE-Branche übertragen heißt das: Mit offenen Sinnen, Zeit und Muße nehmen wir die Umgebung wahr. So können wir in Resonanz treten, die Sinne anderer berühren und Gelerntes vertiefen. Auch mit geschärften Sinnen durchs eigene Haus zu gehen, macht sichtbar, welche Ressourcen (Resonanzräume) schon da sind. Meist liegt der Fokus auf dem, was fehlt.

Wie Resonanzen verstärkt werden können, zeigte der Resonanzpädagoge Wolfgang Endres an einem Beispiel: Ein Rätselbild blendete er nur kurz ein und blieb die Antwort zunächst schuldig. „Die Motivation wächst, wenn ein Bedürfnis verstärkt wird.“ Die Zuhörer schenken dem Redner volle Aufmerksamkeit, bis dieser das Rätsel auflöst. „Zu viel Zeit darf nicht verstreichen, sonst droht der Vortragende seine Zuhörer zu verlieren.“ Den richtigen Zeitpunkt spüre man in Resonanzbeziehungen, so seine These.

Resonanz lässt sich nicht planen, stellten die Forscher fest. Sie erkannten jedoch „Resonanzkiller“ in Veranstaltungen: Neben fehlender Zeit und Muße gehören vorweggenommene Ergebnisse sowie das Denken in Richtig oder Falsch dazu. Wolfgang Endres: „In Resonanzbeziehungen gibt es weder Gewinner noch Verlierer.“ Negative Bewertungen lösen meist Gegenwehr aus und das Gegenüber begibt sich in die innere Emigration. Heftiges Argumentieren wirkt ähnlich: In beiden Fällen wird Resonanz unterbunden.

Ein Plädoyer für Offenheit

Menschen haben unterschiedliche Lernbedürfnisse. Da sich jede Gruppe aus vielen Lerntypen zusammensetzt, sollten verschiedene Resonanzkanäle bedient werden: Während die einen mit System lernen, tun dies andere durch Lehren, durch Intuition (Bauchgefühl) oder Paradoxie, für die Endres ein anschauliches Beispiel brachte: Die Aussage „Das ist unwichtig, das können sie vergessen!“ macht meist neugierig auf das, was kommt. Sie verstärkt das Verlangen (Eros), mehr zu erfahren. Gut dosiert, bleiben die Zuhörer „am Ball“.

Durch den Input des Musikvermittlers Johannes Voit erfuhren die Forscher, dass Schwingungen nur entstehen, wenn Hörer offen sind. Am Beispiel eines zeitgenössischen Musikstücks machte er klar: „Man muss moderne Musik nicht verstehen. Die Hörhaltung ist entscheidend – die Neugier, sich einzulassen. Dann ist Resonanz möglich, auch wenn das Stück letztlich nicht gefällt.“ Fixe Meinungen sind demnach ebenfalls Resonanzkiller, lautete die Erkenntnis – auch in Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern.

Einen Schritt weiter geht „aktives Zuhören“. Die Forscher testeten dies beim „Gehspräch“ im Park. Sie erfuhren dabei, dass aktives Zuhören und Gehört werden Muße zulässt und Resonanzräume öffnet. Ein Teilnehmer bezeichnete das „Gehspräch“ sogar als „Lernspaziergang, bei dem man ins Schwingen gerät und Gedanken weiterentwickeln, davon abschweifen oder sie verwerfen kann.“ Eine Haltung, die auch bei der Planung von Veranstaltungen hilft.

Weiterbildungsplattform für Veranstalter

micelab:bodensee ist die erste interaktive Weiterbildungsplattform für Veranstalter im deutschsprachigen Raum. Sie wurde im Oktober 2016 von den Netzwerken „Bodensee Meeting“ und „der kongress tanzt“ entwickelt und umfasst drei Module mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Beim micelab:explorer liegt der Fokus auf der Forschung mit Impulsgebern aus unterschiedlichen Disziplinen, während sich micelab:experts und micelab:experience an die Praktiker der MICE-Branche richten. Im micelab:extract fließen die Forschungsergebnisse eines Jahres ein. Band I zum Thema „Angst und Vertrauen“ ist im Sommer 2017 erschienen. Weitere Informationen gibt’s auf www.micelab-bodensee.com. (red)





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