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Reisen mit „Pride“: In diesen Ländern ist das Risiko gering - oder groß

Wie sicher fühlen sich LGBTQ+-Personen auf Reisen? Wo ist Akzeptanz besonders spürbar? Erstmals hat die ITB Berlin gemeinsam mit Diversity Tourism und A3M Global Monitoring eine Umfrage unter queeren Reisenden durchgeführt.

|  LGBTQ+ Risk Map 2025 (c) A3M Global Monitoring

Das Ergebnis: Während Kanada und Spanien durchwegs als sicher wahrgenommen werden, wird in Deutschland trotz rechtlicher Gleichstellung eine eher verhaltene gesellschaftliche Akzeptanz gelebt. Die USA hingegen spiegeln eine tiefe Spaltung wider – je nach Region. Begleitend hat A3M die aktualisierte „LGBTQ+ Risk Map 2025“ veröffentlicht, die Entwicklungen weltweit dokumentiert.

Die Erhebung mit dem Titel „Perceptions and Experiences of LGBTQ+ Travellers“ fand zwischen Dezember 2024 und April 2025 statt und richtete sich gezielt an queere Reisende aus der ITB- und LGBTQ+-Community. Gefragt wurde unter anderem nach der persönlichen Wahrnehmung zu gesellschaftlicher Akzeptanz, rechtlicher Gleichstellung, Sicherheit im Umgang mit Behörden, Erfahrungen mit Polizei und den Gesundheitssystemen sowie der Nutzung sozialer Netzwerke.

Subjektive Sicherheit und tatsächliche Erfahrungen

Ergänzend wurden vertiefende Interviews mit LGBTQ+-Tourismusexperten und Vielreisenden geführt. Ziel war es, nicht nur gesetzliche Rahmenbedingungen zu betrachten, sondern vor allem die subjektive Sicherheit und tatsächliche Erfahrung queerer Menschen im Reisealltag zu erfassen – ein Ansatz, der bestehende Indizes erweitert und differenziert. Die Umfrage soll künftig jährlich wiederholt werden, um Entwicklungen systematisch erfassen zu können.

„Die Umfrage bietet erstmals tiefere Einblicke in die persönlichen Erfahrungen queerer Reisender weltweit – ein wichtiger Schritt, um objektive Sicherheitsbewertungen um subjektive Perspektiven zu erweitern. Auch wenn sie nicht im statistischen Sinne repräsentativ ist, liefert sie eine belastbare qualitative Grundlage. Wir nehmen die Ergebnisse sehr ernst und lassen sie gezielt in die kommende ITB Berlin von 3. bis 5. März 2026 einfließen,“ so Ramona Zaun, LGBTQ+-Beauftragte der ITB Berlin.

Erste Ergebnisse: Viel Licht, aber auch Schatten

Kanada und Spanien führen die Liste der als sicher empfundenen Reiseländer an. In beiden Ländern bestätigen 100% der Teilnehmer, dass LGBTQ+-Personen respektvoll behandelt werden. Auch das Zeigen von Zuneigung in der Öffentlichkeit wird in Spanien (90%) und Kanada (71%) als unproblematisch bewertet. Die Polizei wird in beiden Ländern mehrheitlich als unterstützend erlebt.

In Spanien wird die Akzeptanz sogar als tief verwurzelt beschrieben. Gerade Städte wie Madrid und Barcelona sowie die Regionen am Mittelmeer und auf den Kanaren gelten als besonders LGBTQ+-freundlich. Auch in Südamerika - etwa in Brasilien, Chile oder Peru - erleben queere Reisende in touristischen Regionen meist hohe Toleranz, obwohl die Gesetzgebung zum Teil durchaus restriktiv ist.

Erhebliche regionale Unterschiede in den USA

Dagegen fällt das Urteil über die USA gemischt aus: Lediglich ein Drittel stimmt der Aussage zu, dass queere Paare offen Zuneigung zeigen können oder die Polizei LGBTQ+-freundlich handelt. Besonders auffällig ist, dass es bei den Bewertungen erhebliche regionale Unterschiede zwischen progressiven Metropolen und konservativeren Regionen gibt.

In China oder Dubai wird das Verhalten der Behörden häufig als pragmatisch empfunden, solange queere Reisende sich „diskret“ verhalten. Deutschland wird ambivalent gesehen: Trotz fortschrittlicher Gesetzgebung wird die gesellschaftliche Akzeptanz als eher mittelmäßig empfunden. Nur rund die Hälfte der Befragten fühlt sich wohl, öffentlich als LGBTQ+ aufzutreten oder erlebt Gleichbehandlung durch Behörden.

Jüngere queere Reisende reagieren sensibler

Ein zentrales Ergebnis: Nicht alle Gruppen innerhalb der LGBTQ+-Community fühlen sich gleich sicher. In nahezu allen Ländern wurde auf Unterschiede hingewiesen - zum Beispiel zwischen schwulen Männern und trans- oder intergeschlechtlichen Personen. Letztere erleben deutlich häufiger Diskriminierung. Zudem reagieren jüngere queere Reisende aus westlichen Gesellschaften sensibler auf Einschränkungen, während ältere Generationen eher bereit sind, sich auf Reisen „anzupassen“.

„Die Sicherheitslage für queere Reisende verändert sich derzeit teils rasant – nicht nur rechtlich, sondern auch gesellschaftlich. Viele LGBTQ+-Personen leben heute selbstbewusster und offener – und damit steigt auch das Bedürfnis nach Orientierung in puncto Sicherheit. Rechtliche Rahmenbedingungen allein reichen oft nicht aus: Entscheidend ist, wie sicher sich Menschen vor Ort tatsächlich fühlen können,“ erklärt Thomas Bömkes, Geschäftsführer von Diversity Tourism.

A3M veröffentlicht LGBTQ+ Risk Map 2025

Die LGBTQ+ Risk Map, die von A3M jährlich aktualisiert wird, dient als Orientierungshilfe für Reisende, Veranstalter und Behörden.

Positive Entwicklungen 2024/2025:

  • Dominica: Entkriminalisierung homosexueller Handlungen durch das oberste Gericht (April 2024).
  • Namibia: Der High Court erklärte die Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Handlungen für verfassungswidrig und hob die entsprechenden Gesetze auf (Juni 2024).
  • Deutschland: Das neue Selbstbestimmungsgesetz stärkt seit November 2024 die Rechte trans*, inter* und nicht-binärer Personen
  • Thailand: Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen im Jänner 2025.

Rückschritte bei Menschenrechten:

  • Irak: Einführung drastischer Strafgesetze gegen Homosexualität im April 2024.
  • Mali: Neue Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen im Dezember 2024.
  • Trinidad und Tobago: Rücknahme eines früheren liberalen Urteils im März 2025 – Homosexualität ist wieder strafbar.
  • Georgien: Breites Anti-LGBTQ+-Gesetzespaket seit September 2024.

Die sichersten Länder für LGBTQ+ Reisende:

  1. Malta
  2. Island
  3. Niederlande
  4. Kanada
  5. Spanien
  6. Norwegen
  7. Dänemark
  8. Uruguay
  9. Deutschland
  10. Andorra

Die unsichersten Länder für LGBTQ+ Reisende:

  1. Iran
  2. Saudi-Arabien
  3. Somalia
  4. Jemen
  5. Uganda
  6. Afghanistan
  7. Vereinigte Arabische Emirate
  8. Tansania
  9. Malaysia
  10. Pakistan

A3M plant den Aufbau eines internationalen Netzwerks zur LGBTQ+-Reisesicherheit, das Erfahrungen, Daten und Empfehlungen sammelt und zugänglich macht – für mehr Sichtbarkeit, Sicherheit und Respekt weltweit. „Sicherheit ist mehr als Recht – sie ist Wahrnehmung und Erfahrung“, so das Fazit der Studienleitung. Nur mit differenzierten Daten und globaler Zusammenarbeit lasse sich queeres Reisen langfristig wirklich sicher und inklusiv gestalten. (red)





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